MAYDAY – solidarische und bunte 1.Mai Demonstration durch Polizei angegriffen
Zahlreiche Verletzte durch gewalttätigen eskalativen Polizeieinsatz
Wien / Votivpark (OTS) – Als Plattform und gemeinsame Demonstration von über 20 Gruppen sind wir entsetzt, erschrocken, wütend und fassungslos über die Geschehnisse, die am Samstag den 01.Mai 2021 in Wien passiert sind.
Die Demonstration hatte sich am 1. Mai ab 12h bei der U3 Ottakring gesammelt. Zahlreichen Redebeiträgen zum Thema „Kapitalismus ist die Krise – soziale Kämpfe verbinden“ wurden gehalten.
Die Vernetzung hatte dieses Jahr einen Schwerpunkt auf feministische, queere Inhalte gelegt. Der erste Block bestand aus einer Gruppe von Frauen, Lesben, Inter, Trans, sowie nicht-binären Personen, ein wichtiges Zeichen, zwei Tage nach dem bereits neunten Femizid in Österreich 2021. Gemeinsam wurde laut ein Ende patriarchaler Gewalt, Femizide und Ausbeutung gefordert.
Im Rahmen der Demonstration wurden fünfzehn verschiedene Redebeiträge eingebracht, ein breites Spektrum an aktuellen Arbeitskämpfen und Organisierungen rund um prekäre Lebensverhältnisse wurde vermittelt. Die Demonstration bewegte sich dann lustvoll, bunt und lautstark über den 16. Bezirk in die Innenstadt zum Sigmund-Freud/Votivpark wo die Abschlusskundgebung stattfand. Abstände wurden eingehalten, die Demonstration war durchgängig mit FFP2-Masken ausgestattet, Personen, die dies nicht einhielten, wurden aus der Demonstration verwiesen.
Bereits während der Demonstration kam es zu problematischen Szenen durch fehlende Unterstützungsleistungen der Polizei im Demonstrationsschutz. Obwohl die Einsatzleitung mehrfach darauf hingewiesen wurde, wurden Seitengassen nicht Verkehrs-geregelt, mehrfach fuhren dadurch PKW unkontrolliert in die Menschenmasse. Beherzte organisierte Fahradbot_innen und solidarische Demonstrationsteilnehmer_innen mussten in weiterer Folge diese Aufgabe übernehmen.
Die lautstarke Demonstration traf mit über 1700 Personen im Votivpark ein, wo sich bereits zahlreiche Personen einer vorhergehenden Kundgebung aufhielten. Am Kundgebungsort wurden die Reden beim Lautsprecher-Wagen fortgesetzt, mit Blick und Reichweite in den friedlichen Park. Kurz nach einem Redebeitrag der Initiative Bildung Brennt, der aktuelle, prekäre Entwicklungen in universitären Strukturen vermittelte, war zu sehen, wie ein Stoffbanner auf einem Werbeplakat am Gerüst der Votivkirche aufgehängt wurde. Daraufhin bewegten sich einige Personen zur Kirche, um die Geschehnisse bei der Kirche zu beobachten. Am Fuße der Kirche kam es in der Nähe des Gerüstes zur ersten eskalativen Situation. Personen, die von Anwesenden als Rechtsextreme wahrgenommen wurden, attackierten mehrere Personen mit Pfefferspray. Darauf folgten tumultartige Szenen. Im Zuge dieser und weiterer Situationen wurden Personen, die mit Handys die Geschehnisse dokumentierten, aber vor allem auch Pressepersonen mit Kameras und Filmequipment, gezielt durch die Polizei angegriffen.
Die Versammlungsleitung machte sich persönlich ein Bild vor Ort, nachdem zwei Ordner_innen ebenfalls von der Polizei angegriffen wurden und wurde schließlich massiv unter Druck gesetzt, die Kundgebung aufzulösen, während Kundgebungsteilnehmer_innen an der Rückkehr zum Kundgebungsort gehindert wurden. Als den Nötigung-versuchen zur Auflösung der Versammlung nicht nachgegeben wurde, griff die Polizei die Kundgebung mit massiven Kräften an. Sie trieb die Kundgebungsteilnehmer_innen mit Pfefferspray durch den Park, wodurch es zu Massenpanik-artigen Szenen kam und führte wahllos Hetzjagden gegen Einzelpersonen durch. Schwerverletzte wurden dabei in Kauf genommen, mindestens zwei Personen mussten zur Behandlung ins Krankenhaus. Zahllose Personen wurden von Schlagstöcken, Pfefferspray und durch Schläge, Stöße und Tritte von hinten verletzt. Auch der Lautsprecher-Wagen wurde mit Pfefferspray angegriffen und der Infotisch, bei dem sich auch Hygieneprodukte wie Masken und Desinfektionsmittel befanden, zerstört.
Die Polizei setzte in weiterer Folge weitere eskalative Schritte und zog sich erst nach weiteren, wahllosen Verhaftungen und Gewaltanwendungen aus dem Park zurück. Die ausständigen Redebeiträge konnten danach noch stattfinden. Doch statt einen ruhigen Ausklang zu gewährleisten, wurden Personen am Teilnehmen der Kundgebung gehindert und in weiterer Folge fühlten sich mehrere hundert Polizisten bemüßigt, bei den verbleibenden Kundgebungsteilnehmer_innen Masken und Abstandsregelungen abzuprüfen.
Dadurch wurde einmal mehr die Kundgebung gestört und ihr geplanter Ablauf verunmöglicht. Es wurden schon vor und während all dieser Amtshandlungen, die wir als Polizeigewalt verurteilen, teilnehmende persönlich beschimpft, wie einige berichten. Wir sehen das Vorgehen der Polizei als massiven und inakzeptablen Eingriff in das Versammlungsrecht. Betroffene Personen laden wir dazu ein, sich bei uns, zwecks weiterer Aufarbeitung der Vorfälle, zu melden.
Nicht zuletzt sehen wir das Vorgehen als Teil einer aktuellen Diskussion, um die Rolle der Polizei innerhalb der Gesellschaft. Nicht erst die Morde und deren Nicht-Nachverfolgung an Schwarzen Menschen, Indigenen, People of Colour durch Polizist_innen in den USA oder der Mord 1999 an Marcus Omofuma zeigen die problematische Rolle der Polizei. Wir lehnen Strukturen ab, in denen zu wenig Geld für Bildung, soziale Arbeit, Gesundheit und andere Bereiche da ist, aber eine Exekutive immer weiter aufgebaut wird. Wir schließen uns daher der weltweiten Forderung zum Abbau von Polizeistrukturen an. Wir wollen eine Welt, in der ein gutes Leben für alle möglich ist – dafür braucht es keine Polizei, dies hat einmal mehr auch dieser 1.Mai gezeigt.
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